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Was unterscheidet Pilgern vom Wandern?

Einstimmen

Auch wenn die Pilgerwanderung nur ein paar Stunden oder einen Tag dauert: Diese Impulse und Tipps helfen dabei, sie zu einem rundum wohltuenden Erlebnis für Körper, Geist und Seele werden zu lassen.

Die Pilger-Haltung

Was heißt Pilgern? Was macht das Pilgern anders als das Wandern? Wander ich noch oder pilger ich schon? Darauf gibt es nur eine sinnvolle Antwort – und die ist so simpel wie komplex: Der Unterscheid liegt in der Haltung des oder der Einzelnen.

Es pilgert, wer den Weg und die Bewegung in der Natur verknüpft

  • mit der Bereitschaft zu Begegnung  – oder zu Einsamkeit und Stille,
  • mit der Offenheit für neue Gedanken – oder dem Versuch, innerlich leer zu werden,
  • mit der Sehnsucht nach Antworten – oder der Überwindung von Fragen
  • mit der Bereitschaft zu Veränderung – oder mit der Besinnung auf sich selbst.

Manche Wanderer pilgern, ohne es so zu nennen. Es gibt keine Kriterien, die das eine vom anderen unterscheiden. Schon gar nicht gibt es ein Richtig oder Falsch. Es geht darum, was wir mitbringen, hier und jetzt. Das Gewicht unseres Lebens auf den Schultern lassen wir uns ein auf die Erfahrung, dass unsere Füße uns tragen. Wir bewegen uns und wir sind bewegt von unserer Hoffnung auf Zukunft.

Begegnung mit mir

Es ist erstaunlich: Gerade weil Pilgern bedeutet, sich dem Unbekannten auszusetzen und die sichere Basis des Gewohnten zu verlassen – gerade deshalb ermöglicht es ganz neue Erfahrungen mit sich selbst. Pilgern ist ein Ich-Erlebnis, eine individuelle Reise – einerseits. Andererseits wächst genau darin ein unerwarteter Weltbezug: Wer sich nämlich aufmacht in fremdes Terrain, der ist angewiesen auf Begegnung und Austausch – und das eröffnet wieder neue Blickwinkel auf das eigene Innere. Pilgern ist nicht einsam. Pilgern ist bewusste Begegnung: mit den anderen, mit der Welt, mit der Geschichte und Kultur und nicht zuletzt mit der Natur.

In all dem begegnet die Pilgerin, begegnet der Pilger sich selbst.

Begegnung mit anderen

Manche bezeichnen das Pilgern als Meditation mit den Füßen. Tatsächlich ist das Gefühl der Erdung und des Getragen-Seins eine ganz wesentliche Erfahrung beim Pilgern. Mindestens genauso wichtig sind aber die Sinneserfahrungen: Sehen, Hören, Riechen, Fühlen, Schmecken. Beim Pilgern geht es gerade nicht um Verinnerlichung, Pilgern ist immer nach außen gerichtet. Gerade wer alleine pilgert ist angewiesen auf Begegnung. Wer mit allen Sinnen offen ist für Begegnung wird andererseits auf seiner Pilgerschaft nicht einsam sein, sondern erfahren, wie einladend diese Haltung für andere ist.

Begegnung mit Geschichte und Geschichten

Zu jeder Zeit haben Menschen der Welt ihren Stempel aufgedrückt, haben sie ihre Umgebung gestaltet. Überall auf der Welt haben sie dabei auch ihrer Zwiesprache mit ihrem Gott oder ihren Göttern Ausdruck verliehen: Tempel, Kirchen, Synagogen oder Moscheen geben Zeugnis davon, wie die Menschen ihre Hoffnung und ihre Bitten ausdrücken.

Auf unseren Wegen begegnen wir aber nicht nur den Gotteshäusern oder Wallfahrtsorten, sondern auch zahlreichen kleinen Kreuzen oder Bildstöcken am Wegesrand. Sie alle erzählen uns ihre Geschichten: oft sehr konkrete Geschichten von Krankheit und Heilung, von Missernten und der Hoffnung auf besseres Wetter und einen ausreichenden Ertrag, von Not und von Dankbarkeit. Geschichten von Menschen in Nöten, die eine Hoffnung haben auf Hilfe, die vertrauen auf eine höhere Macht und dafür ein Zeichen setzen.

Wer pilgert öffnet sich für die Begegnung mit diesen Menschen und ihrer Hoffnung, ihrer Not und ihrer Dankbarkeit, ihrem Zweifel und ihrem Glauben an Heilung, Trost und Leben.

Um diese Begegnung zu erleichtern haben die Autorinnen und Autoren der hier präsentierten Pilgerwege die besonderen Orte am Wegrand beschrieben. Außerdem haben viele von ihnen ihre Mailadressen oder Telefonnummern veröffentlicht. Wollen Sie also mehr wissen oder wünschen eine echte Begegnung? Sie sind herzlich eingeladen!

Begegnung mit der Natur

Pilgern heißt auch, sich dem Unwägbaren bewusst auszusetzen. Da ist zuallererst das Wetter: Nicht jeden Tag scheint die Sonne – und es ist eine gute Übung, einfach mal loszugehen, selbst wenn es regnet und alles nass ist. Denn so wie das Wetter ist unser Leben: unplanbar, nicht vorherzusehen und voller Überraschungen. Doch so launisch das Wetter auch zu sein scheint – in ihrem ewigen Kreislauf aus Werden und Vergehen, aus Säen und Ernten hält die Natur das Versprechen bereit: Auf den Winter folgt der Frühling, auf die Nacht folgt der Tag, und auch morgen geht die Sonne auf.

Kontakt
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