Was trägt mich?

Pilgerrituale

Menschen aller Kulturen und Religionen haben die Lebensübergänge ritualisiert. Rituale geben den Ereginissen eine spirituelle Dimension. Sie müssen nicht immer wieder neu erfunden werden – gerade aus der Wiederholung erwächst ihre besondere Kraft.

Pilgerritual: Ermutigung für den Beginn

Gleich wirst du / werden wir den ersten Schritt wagen, den ersten von Tausenden von Schritten. Eigentlich ist es leicht, dein Körper weiß genau, wie es „geht“.

Und trotzdem ist es ein Schritt in etwas Neues, das du nicht kennst. Das gilt im Grunde für jeden ganz normalen Tag, aber auf unserer Pilgerschaft – fern von unserem Alltag – erkennen wir es deutlicher.

Bereit für neue Erfahrungen

Wir alle wissen nicht, was uns erwartet, wir lassen uns ein auf das Unbekannte, wir setzen uns aus, wir sind bereit für neue Erfahrungen, wir lassen uns von unserer Sehnsucht locken.

Dabei ahnen wir nur, was wir uns erhoffen. Und deshalb lassen wir uns gemeinsam darauf ein: Wir nehmen uns vor, nichts zu suchen, sondern offen dafür zu sein zu finden.

Wie gut, dass wir langsam gehen werden, denn mit jedem Schritt werden wir in das Neue hineingehen, jede von uns in ihr oder sein Neues.

 

Pilgerritual: Erden und himmeln

Noch bevor wir aufbrechen, richten wir uns aus.

Auf die Erde, die uns trägt, und den Himmel, der uns hält.

Dafür suchen wir uns einen Standort, an dem wir bequem und fest stehen können, und schließen die Augen.

Wir richten unsere Aufmerksamkeit auf unsere Füße und stellen uns vor, wie wir durch die Fuß- und die Schuhsohlen Wurzeln bekommen, die bis tief in den Boden reichen.

Mit jedem Atemzug spüren wir, wie eine neue Kraft uns durchströmt, wie wir uns immer mehr aufrichten, sich unser Herzraum weitet und unser Kopf sich aufrichtet.

Wenn wir so geerdet stehen, wenden wir unsere Aufmerksamkeit unserem Kopf zu. Wie stellen uns vor, aus unserem Hinterkopf würde eine Verbindung in den Himmel wachsen, immer höher. Sie hält uns aufrecht, gibt uns Ziel und Richtung, lässt uns über uns selbst hinaus wachsen.

So verbunden mit Himmel und Erde nehmen wir uns die Zeit, die wir brauchen, atmen tief und bewusst ein und aus, ein und aus …

und kommen langsam und in unserem je eigenen Tempo wieder an im Hier und Jetzt.

 

Pilgerritual: Aufbruch am Morgen

Zu Beginn des Wegs empfiehlt es sich, kurz innezuhalten, um bewusst aufzubrechen – wer mehrere Tage unterwegs ist, kann sich ein kleines Ritual überlegen, dass den Aufbruch an jedem neuen Morgen unterstützt.

Ein Beispiel:

Die 3 ist eine heilige Zahl und ich beginne den Tag mit 3 Schritten.

  • Mit dem ersten Schritt vergegenwärtige ich mir, was in mir ist. Womit bin ich beschäftigt, was bewegt mich, was rührt mich an? Ich heiße es willkommen, denn es gehört zu mir.
  • Mit dem zweiten Schritt nehme ich Abschied: Ich sage Dank an den Ort, den ich verlasse, und lasse zurück, was ich nicht mittragen möchte. Welche Sorgen, welchen Termindruck, welche Last bürde ich mir heute nicht auf?
  • Mit dem dritten Schritt nehme ich ein Anliegen, einen Gedanken, einen Wunsch bewusst mit ins Gehen. Wenn da nichts Konkretes auftaucht, dann lasse ich die Leere zu und werde frei von Zwang, so dass ich die Gedanken, die kommen und gehen, eben kommen und gehen lassen kann.

Pilgerritual: Ankommen

Nun sind wir am Ziel dieser Pilgerschaft angekommen. Wir sind sehr dankbar, dass unsere Füße uns bis hierher getragen haben, dass uns unterwegs nichts passiert ist, dass wir gesund sind.

So vieles ist uns begegnet: Wir sind eingetaucht in die wunderbare Natur, die uns umgibt und uns beschenkt mit dem Gesang der Vögel, mit dem Duft der Blumen, mit Wärme und Licht. Wenn es bei uns zu Hause auch anders ist als hier: Auch dort können wir uns jederzeit stärken und bergen in der Natur, wenn wir nur darauf achten.

Nicht zu vergessen natürlich die Menschen, die uns begleitet haben oder uns begegnet sind, uns unterstützt oder einfach nur ihr Lächeln geschenkt haben. Nehmen wir uns vor, zuhause mehr auf die Menschen zu achten, nehmen wir uns vor, dieses Lächeln weiter zu verschenken, dass wir selbst unterwegs so stärkend fanden.

Jetzt und hier vollendet sich also unsere Pilgerwanderung. Sucht euch einen Ort in einer Kirche oder in der Natur, lasst den Weg noch einmal Revue passieren, teilt eure Sorgen oder euer Glück mit diesem Ort oder mit den Heiligen, deren Bilder ihr in dem Gotteshaus findet.

Mit leichterem Gepäck

Wir werden unseren Rucksack ab jetzt nicht mehr tragen müssen, und vielleicht gelingt es uns, auch innerlich mit etwas leichterem Gepäck abzureisen.

Seid euch sicher, dass das, was ihr in den letzten Tagen innerlich und äußerlich, körperlich und seelisch erlebt und erreicht habt, nicht wieder verloren gehen kann. So wenig wie die Erinnerung einfach wieder geht, so wenig verabschiedet sich die Erfahrung wieder von euch, die ihr gemacht habt. Vertraut darauf, wenn ihr nun zurückkehrt, nehmt den langsamen Rhythmus des Gehens mit: Immer einen Schritt nach dem anderen.

Mögen wir liebevoll gehalten getröstet und geführt sein.

Kontakt
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